Formidable

Die gute Schwester ist abgereist. Auch sie befindet sich in Staats- bzw. Landesdiensten und muss am Montag nach einer Woche Ferien wieder zu demselben antreten. Armes Hascherl! Aber aufgrund der immer noch winterlichen Wetteraussichten im Westerwald sind Frau Komoot, Schweinehund und ich einfach mirnixdirnix hier geblieben.
Am Donnerstag besuchten wir noch gemeinsam (Schwester und ich) eine Ausstellung mit japanischer Holzschnittkunst aus dem EDO-Zeitalter. Aaah ja…!?, mag sich der eine oder die andere denken, und auch ich war bisher in Mussen an diesen Kunstwerken immer eher unauffällig desinteressiert vorbeigeschlendert. Aber der gute Olivier (der Wandersmann von Mittwoch) hatte uns die Ausstellung empfohlen, und der Mann hatte Recht! Großartige, detailreiche und teilweise gar lustige Motive, und wenn man es nicht besser wüsste (besser: EDO ist der frühere Name von Tokio, und wir sprechen von der Zeit von 1603 bis 1868, als die Tokugawa-Shogune herrschten, jaja…), würde man bei manch einem (Motiv) denken, die haben da ein paar Comics gerahmt und an die Wand genagelt.

Formidable war der mehrperspektivisch-audiovisuelle Animationsfilm (ich sag ja, Comic!) zum Bild „Die Brücke im Regen“ (erstes Bild in der oberen Reihe), das, so haben wir gelernt, auch Vincent van Gogh (wiederum AUCH ein Vater der Moderne und seinerzeit in Südfrankreich unterwegs) besonders gut gefallen hat. Er hat es 1887 kopiert (letztes Bild in der Reihe) und sich überhaupt mehrfach durch japanische Kunstwerke inspirieren lassen. Wir sehen: Auch in Sachen Kunst ist das alles hier etwas unübersichtlich… 😉

Hier ein paar ganz eindeutige Beobachtungen und Erkenntnisse der letzten Tage:

1. Kunst ist für alle da, und aus dem, was weg kann (Ausstellungs-Aufkleber), kann auch wieder Kunst (am Laternenpfahl) werden.
2. Besonders Cézanne ist für alle da – insbesondere für diejenigen, die Geld verdienen wollen: Hotel Cézanne, Hostel Cézanne, Cézanne-Rundweg, natürlich vorbei am Bistro Cézanne und an der Cézanne-Merchandising-Area undsoweiterundsofort…
3. Aix gibt ALLES für ein sauberes Stadtbild, auch wenn die Horden an „Straßenkehrern“ sich vorrangig qualmend und quatschend an Straßenecken zusammenrotten. Ich hab noch keinen kehren sehen…
4. Le (kleiner-süßer) bus fährt löblicherweise im Innenstadtbereich elektrisch kreuz und quer …
5. … und ist mit USB-Ladestationen (inklusive Brailleschrift!) ausgestattet.
6. Ohne Moos nix los! – Anders als im Sauerland sind hier teure Uhren auf Moos gebettet… für all die Menschen in und um Aix, die vielhundertmal Geld haben.
7. Wer zu viel seines Geldes in kostspielige Accessoires und noch kostspieligere Anwesen steckt, hat nur noch ein kleines Budget für den Briefkasten.
8. Moscow Mule schmeckt auf einem Plätzchen in Aix-en-Provence gleich doppelt so lecker!
9. Sahneschnitten haben hier oft die Geschmacksrichtung Crêpes à la crème de marrons.
10. Calissons lassen sich easy selbst machen – Anleitung siehe oben – hier kostet das Stück(chen) eins fuffzig!

Und noch mehr Kunst! Heute war Victor Vasarely dran. Der hat hier noch zu Lebzeiten seine eigene Foundation auf die grüne Wiese gestellt (das hat Cézanne irgendwie versäumt, deswegen sind seine Werke in der ganzen Welt verstreut) und eigens mit Kunstwerken ausgestattet. Und so wandelt man durch symmetrisch angeordnete, wabenförmige Räumlichkeiten mit imposanten, fünf mal acht Meter großen Kunstwerken, die allesamt – die Kunstkenner wissen das – äußerst geometrisch sowie form- und farbdominant sind. Wiederum formidable! (Mein Französisch-Wortschatz ist ÄUßERST begrenzt und der von Schweinehund auch nicht besser!)

Gestern war ich waschen. Wäsche waschen. Auf Französisch. Wie die Franzosen so sind (und das ist in ihrem eigenen Land ja auch irgendwie legitim), war im Waschsalon (laverie) alles auf Französisch beschriftet. Da war ich doch sehr dankbar, dass auch Piktogramme eine (wenn auch eher untergeordnete) Rolle spielten. Für alle Klugscheißer, die mir jetzt gleich mit Übersetzungs-Apps oder dergleichen kommen wollen: Nein, die waren KEINE Hilfe!
Alors, Tür auf, Wäsche rein, Tür zu – so weit so einfach.
Programm wählen: … Ähhh, sagen wir mal grob 30° … aber Einfach-Piktogramm oder Doppel-Piktogramm? Mit einem oder mit zwei Unterstrichen? Hm… ich entschied mich in jedem Fall für einfach.
Der erste Versuch, Waschmittel zu zapfen, bescherte mir einen Becher Weichspüler. Ich erinnerte mich an die Worte meines persönlichen Outdoor-Beraters (der kriegt dann auch irgendwann noch einen Bembel): Niemals Weichspüler für Outdoor-Klamotten! Also ließ ich das Tässchen stehen und zapfte erneut.
Übereifrig schüttete ich den Inhalt in ein dafür vorgesehenes Fach, warf ein paar Euro ein und los ging‘s! Lustig fing das Maschinchen an zu spülen, und ich studierte derweil die Piktogramme etwas genauer. Dabei stelle ich fest, dass ich das Waschittel in das Fach für Vorwäsche geschüttet hatte. Aber Einfachpiktogramm-Programme mit einfachem Unterstrich machen bestimmt keine Vorwäsche, oder? Ein Blick (Klappe auf!) ins Waschmittel-Kabäuschen bestätigte: Die Waschmaschine spülte lustig das nicht vorhandene Waschmittel aus dem Hauptwaschgang-Waschmittelfach und ließ das von mir eingefüllte unberührt. (Sehr grimmiges, sehr rotes Emoji!!). In meiner Not schaufelte ich das Waschmittel mit der bloßen Hand vom einen in das andere Fach – sagen wir: die Hälfte kam an – wo es sogleich weggespült wurde, um zur Säuberung meiner muffeligen Wäsche beizutragen. Kurz bevor ich meine Waschmittel-verseuchte Hand im Brunnen vor dem Waschtempel-Tore abwusch, sah ich im Rausgehen ein gar nicht so klitzekleines Informationsschild auf Englisch. Mon dieu!!

Un pichet (pour servir le cidre 😉 ) pour la langue française. Oder so ähnlich…

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