Feldrain-Feuerwerk

Nachtrag zu Vorgestern (Montag, 08.06.):
1. Der nette Mann mit dem tief ausgeschnittenen, völlig durchlöcherten Feinripp-Shirt ist nicht etwa – wie manche vermuteten – meine neue Wanderbegleitung, sondern der Holzabfahrer mit den guten Tipps.
2. Die Wasserschutzpolizei Konstanz, Außenstelle Laurenburg/Lahn, bittet um unsere Mithilfe. In den letzten Jahren wurde eine beträchtliche Anzahl Boote gestohlen (siehe Foto). Kaum zu glauben, wer macht denn sowas? Wer also eines der unten (in hervorragender Qualität) abgebildeten Boote wiedererkennt (an Lahn, Neckar, Weser oder wo auch immer), der möge doch bitte seine Solidarität zeigen und das Kompetenzzentrum Bootskriminalität kontaktieren. Dankeschön!

Gestern (Dienstag, 09.06.): Noch ein Kopfschmerztag! Da lagen die über 24 Kilometer bis Berghausen schon morgens recht schwer im Magen; direkt neben Schweinehund, der es sich dort auch gemütlich gemacht hatte. Es half ja nix! Also griff ich erst in die Medikamententüte und dann in die Trickkiste. Für mich eine Paracetamol, für Schweinehund ein Hörbuch auf‘s Ohr und los ging‘s!

Wiederum folgte der Weg dem Lahnwanderweg, was so viel hieß wie: Auf schmalen Pfaden durch den Wald auf und ab und auf und ab. Sogar eine Stempelstelle gab es heute. Selbstredend bekam die gesammelte Wandertruppe einen Stempel auf Hand, Fell, Display und weiter ging‘s. (Unter dem Lahnweg-Pikto übrigens das Zeichen des Lahn-Caminos – ja, der scheint tatsächlich gemeinhin so zu heißen…).

Unverhofft stand ich immer mal wieder vor einer Burg oder einem Schlösschen. Wenn eine Burg ihrem Namen Ehre macht, dann Burg Balduinstein, liebe Leute! Das war entzückend wie die da auf einmal auftauchte und gar nicht mehr anders heißen konnte als Burg BALDUINSTEIN! (By the way: Ich wusste, dass es am Rhein Burgen gibt, an der Mosel vielleicht, am Albtrauf vielleicht auch … aber hier hat mich das einigermaßen überrascht!)

Nach einer Weile tauchte ich aus den Wäldern auf und wanderte von nun an auf den Taunus-Höhen durch eine wunderschöne Feld- und Wiesenlandschaft. Besonders angetan haben es mir die Feldraine (immerhin gibt‘s die hier noch!), die derzeit ein Feuerwerk an Margeriten, Klatschmohn, Kornblumen and anderem Gewächs bieten. Wunderschön!

Zwischenzeitlich machten wir eine entzückende Pause auf einem Rothaarsteig-Bänkchen, das sich wohl in den Taunus verlaufen hat. Schuhe aus und Füße hoch! Und ja, das Wetterchen war deutlich besser als im Rest der Republik!

Dank der Pharmaindustrie und der Erfindung von Alles-Könner-Smartphones (7 Stunden lang Frau Komoot beherbergen, Regenradar aufm Schirm haben UND Hörbuch abspielen) erreichten wir unser Hotel Berghof in Berghausen (in the middle of Taunus-nowhere) in recht annehmbarer Verfassung. Trotzdem war ich dankbar, dass HEUTE ein Pausentag geplant war.

Der Bembel des gestrigen Tages geht an Wolfram Fleischhauer für seinen Roman „Drei Minuten mit der Wirklichkeit“, der mich als Hörbuch schon einmal über eine sehr lange Autofahrt gerettet hat und gestern über die Etappe!

Heute (Mittwoch, 10.06.): Der Pausentag heute hat mir gut getan. Aber weil ja auch der unspektakulärste Pausentag im hintersten Taunus nicht völlig ereignislos an einem vorüberzieht, hier ein paar Highlights des Tages. Es zeigt sich: Die Taunusener (oder wie heißen die?) sind sehr auf Hygiene, Gesundheit und Sauberkeit bedacht:

  1. Beim Frühstück wurden Handschuhe verteilt, weil nur damit ans Buffet heranzutreten erlaubt war. Ich hab erst mal gekuckt, ob ich aus Versehen schon wieder das Bundesland gewechselt habe, denn DAS war mir bisher noch nicht begegnet. Aber nein, immer noch Rheinland-Pfalz! Es scheint sich einfach nur um eine SEHR unterschiedliche Interpretation der ja sowieso schon unübersichtlichen Hygiene-Regelungen zu handeln.
  2. Ich war auf Müsliriegel- und Obst-Einkaufstour in Katzenelnbogen (immerhin auch insgesamt 8 Kilometer – bin ich froh, dass ich in der Stadt wohne!). Der Ort heißt wirklich so und hat es angeblich sogar schon in eine Vorabend-Quizshow geschafft. Im dortigen REWE jedenfalls gibt es eine Einkaufswagen-Desinfektionsstation. Toll!
  3. Wer in Katzenelnbogen Zigaretten möchte, muss wohl zu REWE gehen. An diesem dekorativen Automaten jedenfalls ist nichts zu holen.
  4. Beim örtlichen VW-Händler war tote Hose. Deswegen haben sie wohl die beiden Azubis dazu verdonnert, nicht vorhandenes Unkraut sowie Staub- und Erdreste aus irgendwelchen Fugen des Fuhrpark-Untergrundes zu kratzen. Arbeitsbeschaffungsmaßnamiger geht‘s nimmer!
  5. Heidrun (ohne Bild): Heidrun hielt mich auf der Dorfstraße an und fragte mich nach dem Kosmetikstudio, das hier wohl in der Nähe sei. Sie wolle sich die Wimpern färben lassen. Äähh… Daraufhin erzählte sie mir ihre Lebens-und Leidensgeschichte und dass sie ja ganz bewusst aus ihrem Beruf (Sozialarbeiterin) ausgestiegen sei und nun Nahrungsergänzungsmittel vertreibe, nein, ganz neu und viel besser, gib mir mal deine Nummer, und DAS sei ja inspirierend, dass ich so ganz allein durch Deutschland wandere, das würde sie ja auch gerne machen undsoweiterundsofort. Ich hatte Mühe, mich loszueisen. Irgendwie ziehe ich die Durchgeknallten an!

Am Nebentisch im Speisesaal des Hotels Berghof in Berghausen im Taunus wird jetzt – kurz vor 22 Uhr – Claus Kleber gelobt. Ein Glücksfall für den deutschen Journalismus. Caren Miosga wird nicht gemocht, aber der Wickert war ein Guter! Soso! Und jetzt geht‘s den Amerikanern und Brasilianern an den Kragen … da weiß man gar nicht, wer den Bembel kriegen soll!

Hinterlasse einen Kommentar