Bee happy

Der heutige Tag war mausgrau und nass. Dabei hätten die 28 Kilometer nach Birkenau wirklich sehr schön sein können. Die Etappe barg das eine oder andere Highlight und war gespickt mit Pausenbänkchen und schönen Ausblicken. Doch die Odenwald-Berge waren wolkenverhangen und grau, gegen Mittag fing es an zu regnen und hörte dann auch bis abends nicht mehr auf.
Unsere Füße-hoch-Päuschen haben wir trotzdem gemacht, weil es dankenswerterweise mehrere überdachte Pausenplätze dafür gab und – so Schweinehund – weil es wirklich NOTWENDIG ist, PAUSEN zu MACHEN, sonst hat man nämlich so wehe Füßchen wie gestern. Jawohl!

Der Odenwald ist touristisch präpariert, als gäbe es kein Morgen! Dies hat offensichtlich der Odenwaldklub e.V. zu verantworten, dessen Vorsitzender wiederum hauptberuflich Schildermacher zu sein scheint, denn an jeder Kreuzung steht eine Armada von quietschgrünen Wegzeigern. Penetrant springen sie der Wandersfrau in die Augen und weisen penibel die Wege – und was für Wege sich hier tummeln! Der Alemannenweg, der Nibelungensteig, der Weitwanderweg HW13, der Main-Stromberg-Weg undundund … mein kleiner süßer E1. Damit Frau Komoot nicht denkt, ich brauche sie nicht mehr und grummelig wird, gehe ich ab und zu absichtlich falsch, damit sie mich mit einem bestimmten: „Du bist nicht mehr auf der Route. Bitte sieh in die Karte!“ wieder auf den rechten Weg bringen kann.

Die Etappe begann mit einem steilen Aufstieg auf den Felsberg und einem ebenso steilen Abstieg durch das Felsenmeer nach Reichenbach. Felsberg und Felsenmeer bieten bei schönem Wetter und am Wochenende allerlei touristische Infrastruktur wie Kioske, Eisbuden und dergleichen – heute war dort nur feucht-neblige Einsamkeit.

In Reichenbach habe ich mir am Friedhof hinter der Kirche frisches Wasser geholt. Diesen Tipp habe ich neulich vom E1-Wanderer, der auf dem Weg nach Göteborg war, bekommen. An Friedhöfen gibt es immer frisches Wasser – und oft eine Toilette (heute nur ersteres). In Reichenbach gab‘s zudem die Corona-Außen-Kapelle zu besichtigen mit ihren engelsgleichen Baldachinen und kostbarem Gestühl.

Ja, die E1-Wanderer. Heute traf ich wieder zwei auf dem Weg nach Norden. Man erkennt sich ja (wahlweise am schleppend-humpelnden Gang oder an den überdimensionierten Rucksäcken) und bleibt schon automatisch stehen – zumindest die Frauen. Die Männer wollen eigentlich immer gleich weiter …
Die beiden also nun: SIE wohnt in Frankfurt/Oberursel (eigentliches Ende der Taunus-Etappen) und ER in Birkenau (wo ich heute übernachte). Und da SIE E1-Neuling ist, dachte ER, sie könnten doch zum Einstieg mal von Haustür zu Haustür wandern. Dass DIESE Etappen ein geeigneter Einstieg in die Schönheit des E1 sind, wage ich zu bezweifeln, aber der Meister hat wohl entschieden. ER ist den E1 ja schließlich schon bis Mailand gegangen und hat mit dem E1-Ober-Guru (an dessen Internetseite auch ich mich orientiere) die Schweiz auf dem heiligen Weg durchquert. Nein, in Hotels übernachten, das ist ja nicht “echt“, wenn, dann muss es schon das Zelt sein (aha) und Du läufst auch mit GPS? (Äh, nein, mit Frau Komoot.) Ach, Komoot, nein, ER hat das Smart-Phone nur für die äußersten Notfälle dabei … blablablabla… Ich jedenfalls bin froh, dass ich meine Frau Komoot habe!

Nach Reichenbach führte mich der Weg weiter durch die Odenwälder Berg- bzw. Hügellandschaft und war wieder mal ein ziemliches Auf und Ab.
Von der Natur gibt es zu berichten: Der Holunder verblüht langsam, die ersten Wildkirschen sind reif, der Weizen färbt sich gelb und kleine grüne Äpfelchen hängen an den Bäumen, wachsen und gedeihen.

Gegen Ende der Etappe veranstaltete Schweinehund eine kleine Stein-Auslegungs-Zeremonie. Er hatte nämlich gestern wieder ein bemaltes Steinchen gefunden und heimlich bei mir in den Rucksack gesteckt.
… wie oft hab ich dir schon gesagt, wir können nicht alle Steine mitnehmen, bitte Schweinehund, entscheide dich für einen und lass den anderen da, ach menno, nie darf man was, dann leg ich den halt wieder hin, aber der ist sooo schön… ja, und nun freut sich jemand anderes darüber. Punktum!

Man kann nicht sagen, dass meine Füße heute im Hotel Drei Birken in Birkenau – nach weiteren 28 Kilometern – wesentlich besser sind als gestern. Deswegen habe ich bei Edeka nebenan eine kleine Flasche Rotwein gekauft und in weiser Voraussicht mal die Etappen-Lage für morgen gecheckt und herausgefunden, dass es nach 16 Kilometern ggf. einen Bus für die letzten 10 gibt. Schweinehund frohlockt! Bee happy…!

Den Bembel an alle Kinder und Nicht-mehr-Kinder, die derzeit – voll im Trend – Steinchen bemalen und irgendwo auslegen, damit sie irgendwo von irgendwem gefunden werden können und das Herz erfrischen!

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