Heute Morgen beim Frühstück flötete die Frühstücks-Dame vom Hotel Drei Birken, es solle den gaanzen Tag nicht regnen. Wohlgemerkt schüttete es zu diesem Zeitpunkt draußen – und tat es auch weiterhin mal mehr, mal weniger. Aber die Aussicht auf einen Bus nach 18 Kilometern verlieh mir leichte Füße und deswegen ging es frohgemut wie gewohnt gegen 10 Uhr los Richtung Ziegelhausen/Heidelberg.

In Birkenau touchierte ich nochmals kurz eine dieser merkwürdigen Gedenkstätten. Diesmal wurde den „tapferen Söhnen“ und dem „siegreichen Feldzug“ von 1870/71 gedacht. Das ist jetzt … äh … 150 Jahre her. Da fragt man sich doch ernsthaft und immer wieder, ob DAS eigentlich noch zeitgemäß ist. Ich fand das wieder mal ziemlich verstörend, verkörpert so ein Mahnmal doch all das, was wir eigentlich zu überwinden im Begriff sind (oder vor Trump zumindest waren): Nationalismus, Militarismus, martialisch-hierarchisches Denken und Tun, Imperialismus.
Nach diesem verstörenden Moment ging es bei Nieselregen hinaus aus Birkenau und – mal wieder – hinein in den Wald und den Berg hoch. Da es trotz Regen ziemlich warm ist und ich im Wald ja auch einigermaßen geschützt bin, laufe ich – wenn es nicht gerade ganz schlimm schüttet – ohne Regenjacke. Nach so einer Berg-hoch-Stapferei bin ich dann innerlich und äußerlich klatschnass, so dass das Rothaarsteig-Bänkchen mit Blick auf die wolkenverhangenen Odenwaldberge gerade recht kam.
Nach einer Verschnaufpause ging es weiter. Ich ließ Weinheim rechts liegen, wo ich einmal vor sehr langen Jahren Heimweh-bedingt einen fürchterlich tränenreichen Abend verbracht habe und folgte dem E1 Richtung Unter-Flockenbach.
Und dort irgendwo passierte es dann: Ich übertrat die Grenze nach Baden-Württemberg, war also im Ländle! (Ich weiß nicht, ob die weiße Fahne eine Grenzfahne undoder eine Friedensfahne darstellen soll, sozusagen für den Fall der Fälle, wenn die Hessen kommen!?).
Auf jeden Fall ist den Unter-Flockenbachern der E1 eine Infotafel wert, die mitten im Ort Aufschluss über dessen Verlauf in der näheren Umgebung gibt. Dass der E1 an der Ost- und nicht an der Nordsee verläuft (weil von Schweden über Dänemark kommend), ist dabei wahrscheinlich ein Detail, das hier im Badischen nur eine marginale Rolle spielt. Kein E1-Wanderer hat je die Nordsee gesehen – es sei denn, es gibt eine Weg-Variante, die ich nicht kenne.
Die Unter-Flockenbacher jedenfalls hätten sich auch gerne noch um eine Wanderer-freundliche Streckenführung in ihren Gefilden bemühen dürfen – denn so musste ich zwischen Unter- und Ober-Flockenbach auf der Landstraße gehen, wo die Dorfjugend in einem Affenzahn ihre Rostlauben ausführte. Ich habe überlebt.
Die längste Zeit heute dachte ich, ich würde neben dem E1 (grünes Kreuz) auch dem „Pfad der gelben Ananas“ folgen – Schweinehund sah sich schon am Südsee-Strand mit einem Pina Colada in der Pfote – aber nein. Relativ am Schluss klärte sich die Sache auf. Die Ananas war ein Sack (Pilgerbeutel, wie ich gerade gegoogelt habe) und ich wandelte auf dem Camino Incluso, dem Odenwälder Pilgerpfad für ALLE (der just im Frühjahr 2020 eingeweiht wurde). Wie ALLE – also wirklich ALLE – aber auf diesen Wegen wandeln sollen ist mir, ehrlich gesagt, ein Rätsel. Nun gut, ich sag‘s auch nicht dem Odenwälder Inklusionsbeauftragten.
Freundliche Menschen leben in Steinklingen. Da singen dir Trampolin springende Kindergarten-Kinder – umsonst! – ein Lied vor. Da bieten dir ältere Damen gerade frisch gepflückte Kirschen an. Da stecken dir Wildfremde einen Schokoriegel zu.
Das Wettert war weniger freundlich. Es regnete mal mehr, mal weniger, zwischendurch auch mal mehrmehr, so dass ich mich zwischendurch in eines dieser Holzhüttchen setzte (die hier überall rumstehen und nach verdienten Odenwälder Wandersleuten benannt sind) und dem Regen zuhörte. Ich hätte ja so gerne auch mal ein Kaiserwetter-Foto im Odenwald gemacht… aber es sollte auch heute nicht sein.
In Wilhelmsfeld – 8 Kilometer vor dem Hotel – nahm ich dann tatsächlich den Bus nach Ziegelhausen, einem Stadtteil von Heidelberg. Dort hab ich ein hübsches kleines Zimmerchen, wo ich zwei Nächte bleibe. Morgen werde ich mich in Heidelberg rumtreiben und in Erinnerungen schwelgen. Immerhin habe ich hier mal ein Jahr studiert… Außerdem ist es an der Zeit, Bekannte zu treffen – das wird ein Fest!
Den freundlichen Bewohnerinnen und Bewohnern von Steinklingen wird heute ein Bembel verliehen für selbstlose Dienste an regennassen Wandererinnen.













