Margarethen

Das Aufwachen im „Hotel am Bach“ bei Antonella war bezaubernd. Wir waren gestern nach zwei Minuten zum DU übergegangen – so groß waren Sympathie und thematische Übereinstimmung. Bezaubernd waren auch das Frühstück mit selbst gebackenem Brot und frisch gerührten Aufstrichen und die Verabschiedung hernach.

Danach stand ich auf der Straße in Hinterzarten und war allein.
Alle waren weg.
Das war jetzt schon ein wenig komisch, nach mehreren Tagen in vielfältiger und vorzüglicher Wandergemeinschaft auf einmal wieder allein zu sein.
Aber es nutzt ja nix: 30 Kilometer über den Feldberg ans s.g. Wiedener Eck bzw. nach Wieden.

Die Sonne schien freundlichst vom Himmel und kaum war ich einen Kilometer unterwegs, waren auch Schweinehund und Frau Komoot wieder da. Die beiden hatten sich eine Auszeit genommen (will gar nicht so genau wissen, wo die sich rumgetrieben haben), aber nun spürten sie wohl, dass es ganz hübsch wäre, mir wieder Gesellschaft zu leisten. Das war es!

Der Weg führte waldpfadig bergauf, immer wieder gurgelte uns ein Bächlein entgegen und die Vögel zwitscherten. Zwischenzeitlich verwickelte mich ein netter Schweizer in ein Wandergespräch (doch noch nicht alle weg), bis er von seiner Frau so böse angeschaut wurde, dass ich lieber das Weite suchte.

Nach einer Weile öffnete sich der Wald, und ich stand inmitten von Wiesen und Weiden. Und ich sah mein heutiges Zwischenziel: Den (schwarzwälder) Feldberg, 1.493 über dem Meer.

Der weitere Aufstieg mutete recht alpin an und bot großartige Ausblicke nach allen Seiten. Anfangs sah man auch die Alpen im Dunst (ja, so weit bin ich schon), auf jeden Fall aber mal wieder die Vogesen, das Rheintal und den Schwarzwald (woher ich gekommen bin). Beim Gipfel-Happening schauten wir nur kurz vorbei, verkrümelten uns dann aber doch lieber auf ein einsames Bänkchen für die traditionelle Füße-hoch-Pause. Dort lag ich, aß meine mitgebrachten Antonella-Stullen und den Rest von meinen Schokokeksen (wenn ich das morgen mal nicht bereue).

Der Abstieg führte hübsch über weite Hochmoor-Wiesen und immer wieder an einem dieser überdimensionierten Schwarzwald-Bauernhäuser vorbei. Dort stand auch eine große Baumliege, mal wieder einem verdienten Mitglied des Schwarzwaldvereins gewidmet.
Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass diese hübsch geschwungenen Holzliegen, die bei mir bisher Rothaarsteig-Bänkchen hießen (weil ich dort das erste gesehen hatte) den wunderschönen Namen „Himmelsliege“ tragen. Schöner geht‘s eigentlich nicht!

Nachmittags wurde es ziemlich heiß-schwül, so dass uns nach 20 Kilometern der Gasthof am Ort Notschrei (WAS für ein Name!) gerade recht kam. Nix wie auf die Terrasse und Sahneschnitte geordert!
Als ich mich danach wieder auf den Weg und die letzten neun Kilometer machte, war ich leider schon richtigrichtig kaputt (vielleicht hat da heute einfach auch der Schnaps gefehlt?!). Auch Schweinehund schleppte sich mit hängender Zunge die kiesigen Ziehwege rauf und runter. Da meine Socken so ziemlich durch sind (das letzte Mal haben die eine Waschmaschine in Darmstadt von innen gesehen und von Hand wird‘s eben doch nicht so sauber), habe ich wieder Blasen bekommen, die die Kieswege jetzt auch nicht soo witzig finden.

Richtig nett wurde es erst wieder kurz vor Ende der Etappe, als ein sonniges Wegchen weiter bergab führte Richtung Wiedener Eck, einer Kreuzung zweier Landstraßen im Nirgendwo. Dort steht ein Hotel mit sauteuren Zimmern direkt am Westweg, das ich bewusst boykottiere. Nein, mit mir nicht!

Ich stieg lieber nochmals 100 Höhenmeter weiter ins Tal zum Dorf Wieden und übernachte dort nun spartanisch aber günstig im Haus Margarethe. Es herrscht das Regiment der Namensgeberin.

Die Blümelein in den angehäufelten Blumenbeeten stehen stramm und die Geranien vor meinem Fenster sind so makellos, dass ich wirklich überprüft habe, ob sie echt sind – sie sind es. Als ich meine (wie immer handgewaschene) Wäsche über die im sonnigen Garten stehenden Plastikstühle verteilte, kam Frau Margarethen gelaufen und meinte, es sei doch besser die Wäsche im Heizraum zu trocknen. Also, in Gottes Namen. Wir wollen ja auch keinen nachbarschaftlichen Aufstand provozieren.

Ich dachte schon, ich müsste deswegen heute ohne Abendessen und Fernsehen ins Bett, denn beides gibt es nicht im Hause Margarethe (übrigens auch mal wieder kein Wlan) und auch sonst in Wielen nirgends nicht. Doch Frau Magarethe erklärte sich bereit, mir zwei kalte Käsebrötchen zu bereiten. Wenigstens ETWAS im Magen. Die Käsebrötchen indes waren schmackhaft und dass es keinen Fernseher gibt, wird dazu führen, dass ich früh schlafen werde – ich bin RICHTIG geschafft!

Einen umhäkelten Spießer-Bembel für Frau Margarethen! Immerhin hat sie mich vor dem Hungertod gerettet und wird mich morgen nach dem Frühstück (halb acht – keine Wiederrede!) den Berg hinauf „an die Strecke“ fahren.

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