Der Westweg ging gestern mit einer Etappe von 25 Kilometern nach Basel (Badischer Bahnhof) zu Ende. Das passte gut, da dieses Wochenende der Stuttgarter Schwager sein 50stes Geburtsjubiläum feiert und meine werte Anwesenheit daselbst gewünscht wurde. Also hopste ich nach dem Ritt nach Basel schnurstracks in den ICE Richtung Stuttgart. (So verschwitzt wie ich war, ist es gut, dass in Zügen der Deutschen Bahn derzeit Maskenpflicht gilt.)
Doch von vorn:
Ich hatte mich mal wieder mit der Hotel-Dame verquatscht, so dass ich denkbar spät (um halb elf) auf die Strecke kam. Die Wandertruppe war sich ziemlich uneins über die Bewältigung derselben. Schweinehund und mir saßen die beiden letzten Tage ziemlich in den Knochen und wir schielten schon sehnsuchtsvoll nach den ersten Bushaltestellen, zumal wir vermuteten, dass die Schönheit der Strecke (typische Zubringer- bzw. Abgewöhn-Etappe mit viel Zivilisations- und Urban-Gedöns) doch etwas zu wünschen übrig lassen würde.
Deshalb versuchte Frau Komoot, uns gleich hinter Kandern mit der Wolfsschlucht zu ködern, von der ein Mitwanderer später behauptete, sie sei eines DER Westweg-Highlights für ihn gewesen (sehr irritiertes Emoji mit sehr großem Fragezeichen über dem Kopf). Geschmäcker sind verschieden…
Danach ging’s immer wieder durch kleinere Ortschaften, vorbei an Blumenfeldern und Obstbäumen, wo alles in voller Blüte steht und Obst und Getreide wachsen und gedeihen.
Und dann – als ich schon dachte: die nächste Bushaltestelle ist meine – stand ich auf einmal im Burghof der Burg Rötteln, oberhalb von Lörrach, und traf dort auf drei Wandergesellen, die mir in den letzten Tagen schon beiläufig begegnet waren.
Eine davon: Sofia, ein 20-jähriges Mädel aus dem Schwarzwald. Sie war spontan vor 10 Tagen mit einem Schulrucksack und einem 10 Euro-Tages-Budget losgezogen. Der Rucksack hatte anfangs (so erzählte sie mir freimütig) 8kg Dosen-Ravioli beinhaltet – ihr restliches Hab und Gut sowie Isomatte und Schlafsack hatte sie abenteuerlichst außen an den Rucksack gebunden. Die Ravioli hat sie schon nach 5 Kilometern noch in Pforzheim auf ein Bänkchen gestellt. Geschlafen hat sie die letzten Nächte in irgendwelchen Schutzhütten oder unter freiem Himmel, sich von Müsliriegeln und Trockenfutter ernährt … und war trotzdem (oder deswegen?) bester Laune. Schweinehund hat für solche Erzählungen nur Kopfschütteln übrig, auch Frau Komoot zieht die Stirn kraus und denkt „Kind, das ist doch gefährlich!“, aber Silke hört interessiert zu, staunt und nimmt den Impuls mit, wer weiß wohin!?
Diese Situation jedenfalls zerstreute alle Gedanken an irgendwelche Bushaltestellen, und wir fielen in der Burgschänke auf ein Sahneschnittchen (Pommes) und ein lustiges Westweg-Erinerungs-Geplänkel ein. Danach war klar: Ich werde das hier durchziehen bis zum Westweg-Ende. Jawohl!
In diesem Sinne brachte ich die Restetappe in Rekordzeit hinter mich, erreichte eine günstige ICE-Verbindung von Basel über Freiburg und Karlsruhe nach Stuttgart und fand mich schwuppdiwupp im Schoße der Familie wieder.
An dieser Stelle ein kurzer Exkurs in Sachen “ich“ und “wir“. Ich weiß, dass viele Lesenden zunehmend irritiert sind, weil nicht immer ganz klar wird, wer mit „wir“ gemeint ist, ob ich nun „nur“ mit meinem inneren Schweinehund und meiner Wander-App Frau Komoot unterwegs bin oder ob noch andere Menschen aus Fleisch und Blut mit von der Partie sind.
Entschuldigt, ich weiß, das ist verwirrend. Aber letztlich ist es unwichtig, denn wichtig ist, dass ICH das alles erleben darf (mit allen inneren Stimmen, die da so vor sich hinplappern) und ICH es bin, die ab und zu in der Realität mit anderen Menschen Wege und Gedanken teilt, mit ihnen zusammen lacht und auch manchmal weint.
Mein Weg wird nach diesem Familienfest-Wochenende weitergehen, ich werde die Zeit nutzen, die der Sommer noch bereithält, werde neue Wege beschreiten. Geplant ist, zurück nach Basel zu fahren und von dort nach Osten erst einmal Richtung Konstanz/Bodensee zu wandern. Ob ich den Blog weiterschreiben werde, weiß ich noch nicht…
Den heutigen Bembel jedoch – das haben Schweinehund und Frau Komoot einstimmig beschlossen – kriegt Silke. Dafür, dass sie es bis hierher geschafft hat, trotz aller Sturm-Warnungen, emotionaler Widrigkeiten und Corona-Pause. Einen Bembel und einen dreifachen Tusch dazu!!







