Isar-braun

Dienstag, 27.07.2021, Tag zwei auf dem Weg von München nach Berchtesgaden – zunächst einmal. Die Nacht bei Herrn Rumpel (sorry, muss ein Mann gewesen sein) in Wolfratshausen war mäßig und coronabedingt frühstückslos. Nach einem kleinen Stehimbiss beim nahe gelegenen Bäcker machte ich mich für meine Verhältnisse recht früh auf die Socken Richtung Bad Tölz – 28 Kilometer.

Kurz hinter Geretsried traf ich wieder auf die Isar und auch auf erste Hinweise darauf, auf welch heiligem Pfad ich mich befand: Auf dem sog. Traumpfad München – Venedig. Diese Variante war für dieses Jahr auch mal kurz im Rennen – der Rother Wanderführer liegt zu Hause – jedoch ergab es sich für dieses Mal anders: Ab Bad Tölz dann Richtung Osten und auf dem Maximiliansweg nach Berchtesgaden. Gut jedoch zu wissen, dass die Wegweisung Richtung Venedig im Fall der Fälle intakt wäre – wenn auch qualitativ sehr unterschiedlich!

Von der Erhebung Malerwinkel war die Aussicht hübsch, jedoch die Isar anhaltend braun, sehr zum Leidwesen der beiden älteren Herrschaften, die ich dort auf einem Bänkchen sitzend antraf. Nein, SIE könnten sich nicht erinnern, dass es schon einmal SO schlimm geregnet habe, und sonst sei IHRE Isar ja – kommens mal her, dann sehens das besser – wunderbar kristall-türkisfarben. Schweinehund stimmte flugs ein in dies Lied von früher war alles besser und jaulte die zweite Stimme dazu. Ich – realistische Pragmatikerin – nahm‘s wie es war (Isar-braun) und ging meiner Wege.

Am folgenden kurzen Abstieg zurück zum Strom kam mir mit geschulterten Rädern ein Mountainbike-Pärchen entgegen. Auf die Frage, ob denn da unten viel überschwemmt sei – ich wollte nicht wieder halsbrecherisch über Baumstämme balancieren – erhielt ich die Information, da unten müsse man erst über die Brücke, dann „durch den Baum klettern“ – äh, ach so? – danach sei der Wiesenpfad auf ca. 200 Metern überschwemmt, aber dann sei bis Tölz alles trocken. Die Wanderer vor mir hätten die Schuhe ausgezogen und seien barfuß durchs Wasser. Aha. Vielen Dank für die Info – so wird‘s dann auch gemacht! Und voila!

Als ich später die beiden Wanderer traf – namentlich Henning und Andreas aus Hamburg – erfuhr ich, dass sie MITNICHTEN die Schuhe ausgezogen, sondern sich einigermaßen trockene Wege durchs Dickicht gesucht hatten. Ich jedoch hatte das gar nicht mehr in Frage gestellt, sondern einfach gemacht – gute Entscheidung, denn der Dickichtpfad war wohl auch nicht störungsfrei. Und: Ein Hoch auf die Badelatschen!

Danach wurde es nicht nur wie angekündigt trocken, sondern auch heiß, auf einem staubigen Schotterweg in der Mittagshitze entlang der Isar, flirrende Luft, nervtötende Insektenhorden, weghuschende Blindschleichen und Eidechsen. Und daneben der Fluss mit einer Strömung, bei der sich jedes Wassertreten verbat. Aber auch dieses Teilstück hatte ein Ende. Wir ließen den Fluss hinter uns und stiegen hinauf auf die Höhe. Zum ersten Mal hatten wir einen freien Blick auf die Berge, die sich jedoch teilweise in anrollende Regen- und Gewitterwolken hüllten.

In Rimslrain – es ist die Tour der hübschen Ortsnamen – traf ich auf die beiden Herren aus Hamburg, die unter einem Dach vor dem drohenden Regen Schutz gesucht hatten. Henning – ja, tatsächlich! – auf dem Weg nach Venedig und Andreas sein Begleitschutz für die erste Woche. Da der Regen dann doch nicht kam, wanderten wir gemeinsam weiter Richtung Bad Tölz, das mit Isarpromenade, beflaggter Brücke und anderem touristischen Gedöns aufwartete: Handgeschnitzte Hirtenfiguren und Marien, Dirndl, Trachten und Lederhosen, wir sind angekommen in Bayern, keine Frage. Nur der Leberkäs war aus bei unserem gemeinsamen Abendessen im Posthotel Kolberbräu. Dafür bediente uns höchst kumpelhaft und körpernah ein älterer kroatisch-stämmiger Kellner, dessen Kellnerkumpel angeblich einst Tito bediente oder so ähnlich. So ganz genau hab ich das nicht verstanden bei seinem radebrechenden Deutsch.

Ein hübsches kleines Beinevertreterchen durchs abendliche Bad Tölz – alle Bordsteine hochgeklappt, alle Kneipen zu und Lichter aus – beschloss den Tag.

Der Bembel – schon mal in vorauseilendem Bembelverteilungsgehorsam – an Henning aus Hamburg – mögest du wohlbehalten und sicher in vier Wochen auf dem Markusplatz in Venedig stehen.

Ein Kommentar zu “Isar-braun

  1. Hey Silke,
    das ist aber nett was du schreibst. Wünsche dir noch viele schöne Erlebnisse und vielen Dank für den Bembel 🤩

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