Kraft der Gedanken

Der gestrige Tag (03. August) begann auf dem Hochgernhaus draußen bei herrlichem Frühmorgens-Bergwetter. Man sah den Wilden Kaiser (Kaiserberge) und fast den gesamten Hauptalpenkamm mit Großglockner und den anderen üblichen Verdächtigen. Großartig!

Drinnen war dreimal schwarzer Kater. To be honest, we were not in a good mood, no no. Aber nach einer Aspirin und einem knappen Frühstück, das mir Kosta freundlicherweise kredenzte (Kaffee, der Tote hätte aufwecken können), marschierte ich dennoch los. „Ja was denn bitteschön auch sonst?“, raunzte Frau Komoot. Eigentlich nur 17 Kilometer bis Ruhpolding, zweimal übern Berg – eigentlich.

Zuerst stand der erneute Aufstieg auf den Hochgern auf dem Plan; diesmal in der Morgensonne und mit nicht minder sensationellen Ausblicken.

Von dort ging es extrem steil und glitschig bergab zur Bischofsfellnalm. Nach der kurzen Nacht und den Schnapseskapaden brauchte ich meine ganze Konzentration, um nicht auf dem Hosenboden zu landen oder abzurutschen. Frau Komoot meckerte in meiner Tasche vor sich hin, wie unverantwortlich aber auch, wie kann man nur, undsoweiter…

Bei herrlichem Wetter ging es nach der Alm entspannter weiter, so entspannt, dass ich an den Wegkreuzungen laut Ausschilderung einfach Richtung Ruhpolding tapperte (falsche Abzweigung!) … und tapperte (falschfalsche Abzweigung!!) … und mich über den leicht abfallenden Ziehweg freute, der sich in der Mittagssonne vor mir ausbreitete und mir keine technischen Meisterleistungen abverlangte … und tapperte. Bis ich merkte, dass ich schon seit einigen Kilometern in der falschen Richtung unterwegs war. Frau Komoot zeterte fürchterlich, warum ich ihr auch den Ton abgedreht hätte und dann müsste ich eben wenigstens aufs Display kucken. Schweinehund und ich waren schwer genervt, aber es half ja nix. Umdrehen (und zusätzlich übern Berg) kam in unserem angefressenen Zustand nicht in Frage, aber Weiterlaufen und einen Umweg von, wasweißich, sieben Kilometern in Kauf nehmen, eigentlich auch nicht. Also verfielen wir drei in eisernes Schweigen, während ich mich weiterhin auf dem Ziehweg Richtung Ruhpolding abmühte.

Nun bin ich schon so viel durch die Welt gewandert und oft schon habe ich mir gewünscht, ein Auto (wahlweise ein Bus, eine Sänfte, eine Kutsche) möge neben mir anhalten und mich mitnehmen, und nie ist’s passiert. Und dann doch. Ein älterer Herr bremste seinen fetten, weiß-Leder-gepolsterten BMW neben mir und fragtesagte, ich würde doch sicherlich weiter zu Fuß gehen wollen?!
– Äh, also, wenn Sie so fragen, nö!
– Na, dann schmeißens den Rucksack hinten rein, ich nehm Sie mit nach Ruhpolding.

Auf der 20-minütigen Fahrt dorthin, erfuhr ich, er (Sigmund) habe bei der Bundeswehr die Offizierslaufbahn und so weiter (die hocken ja in Bad Reichenhall), sei aber jetzt Privatier (ja, sieht man) und Gamsenjäger (ich dachte Gämsen gäbe es nur im Hochgebirge), jetzt hätt er grad die Jagdhütte hergerichtet, weil zwei Freunde kommen, deswegen könnt er mich jetzt auch nicht ausführ‘n (pahüü!), er würd ja auch sonst NIE jemand mitnehmen, aus Prinzip nicht (welches Prinzip?), aber ob MIR denn die Kraft MEINER Gedanken bewusst sei (Äähhh… wer jetzt, ICH?) und überhaupt sei Ruhpolding ja ein ganz schönes Kaff. Ahja?!

ICH für MEINEN Teil war einfach nur froh, diesen langen Umweg, der ausschließlich aus Schotterpiste und Straße bestanden hätte, nicht zu Fuß gehen zu müssen, auch wenn ich dadurch der Chiemgau-Arena, dem Weltcup-Biathlon-Stadion, nicht ansichtig wurde und der deutschen Biathlon-Stars nicht huldigen konnte.

Den Nachmittag verbrachte ich schlafenderweise im Hotel, derweil es anfing zu regnen und das Kaff Ruhpolding in ein regengraues Kaff verwandelt wurde. Da nützte auch die Kraft meiner Gedanken nix!

Der Bembel an Sigmund, den Gamsenjäger und Gedankenleser!

Freunde, jetzt ist‘s schon wieder so spät. Der Bericht von heute also morgen. So viel schon mal: Es war nass, sehr nass und lang, sehr lang!

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