Gender- und kultursensibel

Gestern Abend hatte mich Schnuckel Mike gefragt, ob ich auch am Fluss gewesen sei. Fluss? Ööhhh… neeiiin?! Also folgte ich heute Morgen seiner Empfehlung und fuhr bei strahlendem Wetter mit der Metro in den Süden der Stadt zum Kulturzentrum Matadero. Der frühere Schlachthof – nomen est omen – wurde restauriert und zu einem Kulturzentrum umgebaut. Das Leben findet in Spanien definitiv draußen statt. Auch wenn ich aller Orten höre, es sei derzeit schon ziemlich frío, lassen sich die Spanier:innen von ihren sportlichen Aktivitäten (hier eine ziemlich große Gruppe von älteren Menschen, denen lautstark von einer athletisch aussehenden, jungen Frau „eingeheizt“ wurde) nicht abhalten. Und damit im sportlich-madrilenischen Outdoor-Dschungel niemand zu Schaden kommt, ist alles streng reglementiert.

Ich spazierte flussaufwärts durch den Parque Madrid Rio und kreuzte den Fluss Manzanares mehrmals über mal futuristisch aussehende, mal historische Brücken.

Die Bebauung am Rio war geht-so-hübsch. Umso beeindruckender war es deshalb, als ich auf Höhe der Puente de Segovia dem Königspalast und der Kathedrale ansichtig wurde, die oben auf ihrem Hügel thronten.

Kurz vor der Kathedrale stieß ich auf Reste der historischen („islamischen“, so die Beschriftung) Stadtmauer. Kultursensibler-weise gab es die Beschriftung auch auf Arabisch und hatten sie den nahe gelegenen Park auch gleich nach Emir Mohamed I. benannt. So ist‘s recht!

Dann: OHA! Man kann schon sagen, dass das Ensemble aus Kathedrale und Königsschloss durchaus ein bisschen was hermacht. Oder wie die amerikanische Touristin neben mir ausrief: Oh, my god, this is beautiful!

Vermieter Leo hatte berichtet, das Königsschloss sei sogar größer als Versailles. Also bei aller Demut vor Leos Expertenwissen, DAS würde ich dann doch mal in Zweifel ziehen wollen.
Der Eintritt zur Kathedrale sollte 7 Euro kosten, was wir uns auf Schweinehunds Vorschlag hin mal wieder schenkten – ganz nach dem Motto: Kennste eine, kennste alle. Stattdessen wollten wir wieder mal zur Kunst. Sorolla (wie wir lernen, ein spanischer Impressionist) im Königspalast daselbst sollte es sein – das Plakat sah so vielversprechend aus (ganz mein Geschmack). Allein: Wir fanden den Eingang nicht, und auch Fernando und Alonso wussten keinen Rat.

Nachdem ich das Schloss ein halbes Mal umrundet hatte, kehrte ich erst einmal auf ein Tortilla-Schnittchen und einen Zumo ein. Hinterher stellte sich heraus, dass das Schloss heute wegen einer offiziellen Veranstaltung geschlossen hatte. Schade!
Also zuckelten wir weiter, vorbei am königlichen Theater Richtung Plaza Mayor, dem Hauptplatz von Madrid. Dort waren sie alle: Die Bären aus dem Park, Pinocchio, Micky Maus und sogar Bart Simpson turnten über den Platz und boten sich als Fotomotiv an. Außerdem konnte man sich im Flamenco-Kostüm fotografieren lassen oder wahlweise einfach in der Frühlingssonnne sitzen und ein Eis essen. Und ja, ein Straßenmusikant spielte „La vie en rose“ dazu – und nein, ich scherze nicht.

Danach sollte es dann doch noch zur Kunst gehen und ich lief durch das Zentrum zum Thyssen Bornemisza Art Contemporary Museum. Dabei machte ich folgende Stadtbeobachtungen:
1. Die Ampeln sind hier weitgehend gendersensibel – süß!
2. Es gibt Schokoladen-Geschäfte wie Sand am spanischen Meer – und lange Schlangen davor, warum auch immer.
3. Die hohen Häuser machen im Sommer bestimmt schön kühl in den engen Gassen – aber jetzt eben auch. Es war FRIO!
4. Isabella von Kastillien ist en vogue! Ob das nun die von den Comedian Harmonists ist, ließ sich nicht herausfinden.

Bei den Thyssen-Bornemiszas wurde eines deutlich. Wer Geld hat, kann sich viel schöne Kunst kaufen. Und wenn man reicher Industriellen-Sohn ist und dann auch noch in eine ungarische Adelsfamilie einheiratet, hat man eben Geld. Und so hing dort alles an den Wänden, was in den letzten 130 Jahren kunsttechnisch Rang und Namen hatte. Fein, ja, aber irgendwie hat für mich der Name Thyssen auch immer ein G‘schmäckle, wie der Schwabe sagt.
Fein wird‘s bestimmt auch morgen wieder, denn da reisen wir weiter in den Süden.

Schöne Grüße von Frau Komoot: 15 Kilometer – 190 Höhenmeter.

3 Kommentare zu „Gender- und kultursensibel

  1. Die Sonne des Südens scheint Schweinehund mit Frau Komoot zu versöhnen😝 Oder du bestichst den einen mit der zuverlässigen Aussicht auf Sahneschnittchen und die andere mit der ebenso zuverlässigen Aussicht auf mindestens 15 km Einsatz am Tag?🤔
    Möge das Erfolgsrezept lange wirken!😘

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    1. Momentan ist ja auch noch alles GAANZ entspannt, all-inclusive-gepampert in den Hauptstädten. 😊 Die werden schon aus ihren Löchern kommen, wenn‘s ein bisschen anspruchsvoller wird …

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