Giralda

Der gestrige Tag, Montag, 13.03. begann in Granada in der Gesellschaft von Muddi mit einem Cafe con leche und einem Croissant, das noch schlechter war, als das vorgestrige. Aber was will man machen – schließlich sind wir in Tortilla-Land und nicht bei Croissant-Gott in Frankreich. Der Bruder ist zwar kein Frühstücker, stellte aber dennoch fest, der selbstgepresste spanische Orangensaft schmecke in Deutschland besser. Ach so?!

Nach dem Frühstück hüpften wir in unseren Flitze-Fiat und fuhren durch die spanische Landschaft (wieder mal sehr viele Olivenbäume) zurück nach Sevilla. Die zweieinhalb Stunden gingen rum wie nix, so dass wir uns noch vor 13 Uhr mit Paco, dem Autodealer, konspirativ an bekannter Straßenecke treffen konnten. Wie am Schnürchen klappten Autorückgabe, Taxifahrt zur Unterkunft und Einchecken im Appartement, so dass wir, eh wir‘s uns versahen, sightseeing-mäßig vor der Kathedrale standen. Dankenswerterweise war das Touristenaufkommen nicht ganz so schlimm wie am vergangenen Freitag, so dass sich recht entspannt fotografieren ließ und es ohne Warteschlangen auf- und zuging.

Die Kathedrale ist gelinde gesagt ein ziemliches Monstrum und von außen wie von innen etwas unübersichtlich. Innen stellt sich das Ganze als riesige Hallenkirche mit einer unübersichtlichen Anzahl von Haupt- und Nebenaltären dar, die allesamt vergittert sind (damit die Heiligen nicht ausbrechen, wie der Bruder kalauerte).

Die wechselvolle Geschichte Andalusiens (es ist von Oströmern, Westgoten, islamischen Mauren sowie den gut katholischen Habsburgern die Rede) sorgte – da war man nicht zimperlich – auch für eine wechselvolle religiöse Umdeutung der Gotteshäuser. So war die heutige Kathedrale einst die Hauptmoschee von Sevilla, ist in ihrem Grundriss nach Mekka ausgerichtet und die Giralda (der Glockenturm) ist das ehemalige Minarett. Und weil der Muezzin, die faule Socke, auf dem Esel geritten kam, um zum Gebet zu rufen, führen da keine Treppen rauf auf den Turm, sondern eine schiefe Ebene, die sich über acht Runden nach oben schraubt. Sachen gibt‘s!

Ansonsten ist die Stadt – ich erwähnte es bereits – eine optische Wucht!

Die ganze Herrlichkeit gipfelt in der Plaza de España, einem halbrunden Gebäudekomplex inklusive Lustgewässern, der für die Iberoamerikanische Ausstellung 1929 gebaut wurde und auch heute noch durchaus was hermacht. Aber sehen Sie selbst:

Um Füße und Pfoten zu schonen, nahmen wir von dort ein Taxi zurück in die Stadt (lächerliche 6 Euro) zum angeblich neuesten Wahrzeichen der Stadt, den Setas (Pilze) de Sevilla.

Der Bau (inklusive Bauverzögerungen und Kostenexplosion) dieses angeblich größten Holzbauwerks der Welt hat – man kann es sich denken – zu öffentlichen Kontroversen geführt. Mir hat‘s gefallen!

Wir beschlossen den Tag mit einem letzten Abendessen und resümierten die Highlights unseres gemeinsamen Kurztrips bei ein paar Tapas. #tapasgehnimmer

Heute Vormittag (Dienstag, 14.03.) nun entfleuchten Muddi und Bruder schon ziemlich früh Richtung Flughafen und ich bezog nach dem Frühstück erst einmal meine neue (günstigere) Unterkunft direkt hinter der Kathedrale. Danach wollte ich eigentlich mal wieder zur Kunst, aber the-world-wide-usw spuckte auf Anhieb nix auch nur ansatzweise Verlockendes aus.
Also bummelte ich erst einmal durch die Altstadt und stolperte gleich in der Gasse hinter der Unterkunft über einige SEHR interessante Geschäfte. Alles, was Flamencotänzerinnen und Geistliche (schöne Mischung) so brauchen könnten, gibt es dort in gut sortierten und bestimmt Inhaber geführten Fachgeschäften.

Für den kleinen Priester halten die Geschäfte Gewänder, Schals, Rosenkränze, Kruzifixe, Heiligenbilder und Eucharistie-Besteck bereit. Die Flamencotänzerin findet Roben und Röcke, Fächer und Geschmeide sowie allerlei schmückenden Tand.
Und ich sage euch: Das ist KEIN folkloristischer Touri-Nap, sondern durchaus ernst gemeint. Da war tatsächlich was los in diesen Läden – ein reges Kommen und Gehen.

Besonders gut hat mir das Kordel-Geschäft gefallen.

Und weil Kordeln drehen eben Platz braucht (wer‘s schon mal gemacht hat, weiß das), wird diese Tätigkeit kurzerhand auf die Gasse verlegt – und ich war live dabei. Der eine Kordeldreher steht mit den Fadenenden am Ende der Gasse; der andere dreht an einer Kurbel … und dreht und dreht … und dann machen die das tatsächlich wie wir früher mit unseren Wollresten. Sie nehmen die aufgedrehten Fäden doppelt und lassen sie ineinander kräuseln. Toll! Anders als früher bei uns jedoch sind Fäden und Kordeln hier ggf. golddurchwirkt.

Nachmittags wurde es mir kurz ein wenig einsam ums Herz, so dass ich es mit einer Sahneschnitte beruhigen musste. Das half und hatte außerdem den Effekt, dass auch Schweinehund wieder angelockt wurde. Der hatte die letzten Tage faul im Schatten liegend verbracht (#schattendasein) und leistet mir nun wieder Gesellschaft.

Ich könnte noch viel mehr berichten von den Spaniern und ihren Gewohnheiten, den Churros und Isabellas, dem Flamenco und den Stierkämpfen, aber jetzt muss erst einmal genug sein und ich ins Bett. #mutzurluecke

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