Liebe Leute, das Reiseleben ist anstrengend! 12 Städte in fünf Wochen haben uns etwas stadtreisemüde gemacht. Schweinehund kann langsam kein altes Gemäuer mehr sehen und auch Frau Komoot fordert schon seit geraumer Zeit mal wieder RICHTIGE Wandertouren, nicht immer diesen Stadtschlendrian… Jaja, kommt.
Aber jetzt geht es übermorgen erst einmal Richtung Heimat (da soll ja mittlerweile auch das Wetter recht ordentlich sein), und das ist auch gut so. Denn das Erlebte möchte verdaut werden und liebe Menschen freuen sich auf ein Wiedersehen – und ich auch.
Rückblende:
Vorgestern (Montag, 27.03.) in San Sebastián ließ ich‘s langsam angehen. Nach ein paar Mitbringsel-Kaufereien spazierte ich am Strand entlang zum großartigen „Peine del Viento“ (Kamm des Windes) von unserem guten alten Freund Eduardo Chillida. Ist DAS nicht toll?!





Es gab an diesem Tag nicht viel zu kämmen – der biskayische Wind hatte sich gelegt und es war sonnig warm. Und als auch die Horden französischer Schulklassen sich verzogen hatten, konnte ich dieses wunderbare Kunstwerk so richtig genießen. Toll, dieses Zusammenspiel aus herrlich verrostetem Stahl, Felsen und Meereswellen.
Für den Drauf- und Überblick gab es danach nochmal ‘ne Funicular aufn Berg (jeder baskischen Stadt ihre eigene Standseilbahn), an der wir NATÜRLICH nicht vorbei konnten. Das Panorama war aber auch ZU herrlich!

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Gestern machten wir mal wieder eine Flixbus-Naherfahrung auf unserem Weg nach Bordeaux, unserer letzten Station der Reise.
Wobei „nah“ bezogen auf die Sitzenge wörtlich zu nehmen ist – der Bus war ab Bayonne (kurz hinter der spanisch-französischen Grenze) bumsvoll und neben mir saß eine doch etwas fülligere Person (Augen verdreh). Aber letztlich verbietet sich bei 14 Euro für 4 Stunden
Busfahren vielleicht auch jegliche Diskussion bzgl. Komfort.
In Bordeaux angekommen war’s schwül warm und die Migräne hatte zugeschlagen. Vielleicht war deswegen die Stadt gestern auf den ersten Blick eine sehr merkwürdige Stadt.
Gestern jedenfalls ging nicht mehr viel außer einem kurzen Snack (dankenswerterweise gibt‘s hier im Hotel ein Restaurant, das ab 19 Uhr Abendessen serviert) und einer Migränepille, die mich bis heute späten Vormittag ausgeknockt hat.
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Nach Ausschlafen und Frühstücken ging’s dann wieder und ich zog los, um die Stadt zu erkunden. Das Auffälligste ist, dass Bordeaux und Umgebung wirklich topfeben sind und mittendrin die unfassbar breite Garonne träge in ihrem Bett liegt. Ich glaube, ich habe noch nie einen so breiten Fluss gesehen. Außerdem gibt es – bis auf die Kirchen – keine wirklich hohen Gebäude in der Altstadt, und alle Straßen und Plätze sind eher großzügig angelegt. Ich fühlte mich heute den ganzen Tag irgendwie an ostpreußische Garnisions-Städte erinnert (obwohl ich da noch gar nie war).

Nach einer kleinen Bootsfahrt über den Fluss – zu Beginn gleich mal ein Highlight – landete ich am Rand der Altstadt, die innendrin deutlich hübscher ist, als gestern von außen vermutet. Außerdem UNESCO Kulturerbe, wie ich gerade lese, ähöm…
Bei milchigem Himmel und schwüler Luft (irgendwie wundere ich mich gar nicht – klimatisch habe ich mir Bordeaux immer genau so vorgestellt) ließ ich mich treiben und genoss die Mischung aus französischem Prunk (den wir ja schon aus Paris kennen) und bescheiden-mittelalterlich anmutenden Ecken. Sicherlich völlig falsch in die architekturhistorische Kiste gegriffen – aber egal.









Besonders faszinierend fand ich die einheitlich braun-beige Farbe der Sandstein-Gebäude, von denen – so lese ich – 4.000 denkmalgeschützt sind. Recht so! Leider waren alle Brunnen der Stadt trockengelegt, so dass ich nicht das obligatorische Spiegelfoto machen konnte, das sie alle machen und bei dem sich was auch immer so hübsch im Wasser spiegelt. Aber wozu gibt es das Internet – voilá!

Gegen Nachmittag erreichten wir die Kathedrale und bestiegen (natürlich) den Turm. Der Blick von oben bestätigte: Alles plattes Land hier! Außerdem zeigte sich auch hier wieder: Das ist schon ein ganz außerordentlich homogenes Stadtbild, das die hier haben. Bei so viel Harmonie war‘s uns nach einem Sahneschnittchen – und was für eines! – auf der Piazza (oder wie heißt das hier?).






Apropos Sprachen: Ich bin ganz schön sprachenverwirrt! Nach vier Wochen Hola! und Gracias! lässt sich das nur mit Mühe wieder abstellen. Schon mehrfach habe ich verwunderte Blicke geerntet…
Als ich das nahe gelegene Rathaus näher besah, fiel mir die etwas merkwürdige Farbe und Struktur des Portals auf. Erst dachte ich, der Zahn der Zeit oder die salzhaltige Meerluft (dabei sind es bis zum Meer 65 Kilometer) hätten daran genagt, dann sah ich, dass die Tür verkohlt war. Flugs gegoogelt erfuhr ich, dass es hier just letzten Donnerstag zu Krawallen und Ausschreitungen wegen der Rentenreformpläne von Monsieur Macron kam. In diesem Zuge wurde offenbar auch das Portal in Brand gesteckt. Oha! Da bin ich aber jetzt schon recht froh, dass ich Bordeaux friedlich erleben darf.



Zum Abschluss des Tages stolperte ich mal wieder über Dreharbeiten für einen Film. Die hübsch-hübsche „Bar des Vedettes“ bot das Szenenbild für ein Eifersuchtsdrama – so zumindest meine Interpretation nach dem dritten Cut. Die Umstehenden bestätigten dies und wussten außerdem zu berichten, dass die beiden Protagonisten in Frankreich doch recht bekannte Schauspielende seien. Bekanntheitsgrad: Tatortkommissar. Ah, oui!


Über die unfassbar lange „Pont de Pierre“ (logisch: wenn Fluss breit, Brücke lang) ging es zurück zum Hotel, wo es auch heute wieder ein leckeres Abendmahl für mich gab. Ich muss sagen, ich sehne mich nach deutschem Müsli und unfrittiertem Essen. Da ist so eine Couscous-Gemüse-Bowl schon mal ein guter Anfang.