Forellenoase

Samstag, 17.06.2023:

Für den Beginn der gestrige Etappe hatte die Wirtin Henghuber eine Abkürzung empfohlen, um nicht zu sagen, BEfohlen: „Naa, da gehst net außenrum, was wuist‘n do (willst du denn da), des dat (tut) sich net lohnen.“
„Ja, äh, weiß ich jetzt auch nicht, da geht halt der Weg lang…“
Aber Frau Komoot war – angestachelt von Schweinehund – schon dabei, die neue Strecke zu planen: 26 Kilometer bis Waldmünchen.

Ich startete früh um halb neun, nachdem ich mich von meinen neuen Biker-Freunden verabschiedet und die Segenswünsche meine Wirtin entgegengenommen hatte.
Nachts hatte es geregnet und als ich die ersten Kilometer hinter mich brachte, hingen Wolken und Nebelschwaden über den Waldhügeln.

Es bestätigte sich die alte Wander-Weisheit: Die Kilometer, die man vor Mittag macht, kann einem niemand mehr nehmen. Oder so ähnlich. Ich kam schnell voran. Feld und Wiesen wechselten ab mit wundervollen Bächlein-durchströmten Waldstücken.

Kurz vor Thurau gelangten wir an die Schwarzach, die uns aus den tschechischen Bergen entgegen plätscherte, und es war Zeit für eine ausgedehnte Füße-hoch-Pause bei mittlerweile wieder Sonnenschein, Knäckebrot und Kaminwurzerl.

Kurz vor Englmannsbrunn stieß ich am Waldesrand auf die Forellenoase, ein selbstgezimmertes Hüttchen mit vielseitig-skurrilem In- und Außenventar.

Von dort rief es mir entgegen: „Komm rauf, hier gibt’s was zu trinken!“ (so was lass ich mir ja nicht zwei Mal sagen). Und da saßen Silke und Jan aus Fürth und der gastgebende Franzl schon lustig bei Radler (für Norddeutsche: Alster) und Schnaps beisammen und hatten‘s fein.
Zur Versorgung durstiger Wander:innen hat der Franz extra eine „Wanderer-Tränke“ (Tonne im Boden – Quellwasser-gekühlt) installiert, wo auch ohne seine Anwesenheit Getränke zur Verfügung stehen. Gestern aber war er ja da und zückte bei meiner Ankunft unmittelbar die Schnapsflasche (warum sich mit Radler aufhalten). Dann erzählte er ungefragt, ER habe hier ALLES selber gebaut, die Hütte, den Brunnen, all die skurrilen Figuren aus Schrott und Holz, die Bänke und Tische sowieso und eigentlich sei das hier ja ne Junggesellinnenfalle – ob ich eigentlich verheiratet sei? – denn da oben im Dorf würden die heiratswilligen Männer lauern und sofort heruntereilen, sobald sie Frauenstimmen hörten. Und die hörten sie, weil SilkeFürth und SilkeBremen sich prächtig verstanden und über dies und das dahinplauderten – und deswegen dauerte es auch nicht lang, da stand der erste da.

Das Auftauchen des dritten Junggesellen war für uns das Zeichen zum Aufbruch. Gestärkt und gut gelaunt purzelten Jan und zweimal Silke Richtung Waldmünchen. Dort ließen wir uns in der einzigen geöffneten Kneipe am Ort erst den Hugo und dann die Pizza schmecken.
Es war schon 20 Uhr, als die beiden weiterliefen zu ihrem nächsten Zeltplatz irgendwo im Wald. HA! Gibt also Menschen, die machen das auch hier aufm Goldsteig. Ich derweil trottete zufrieden zu meinem Hotel, beseelt von der Gesellschaft und in Erwartung zweier Pausentage, die ich dringend nötig habe.

Sonntag, 18.06.2023:

Heute morgen ging’s im Frühstücksraum des Sonnenhotel Bayrischer Hof ganz schön drunter und drüber: Kinder, müde Eltern, Pfannkuchen, Rentner:innen, Kaffeetassen, Rollatoren flogen pauschaltouristisch wild durcheinander, so dass ich mir sofort meine oberpfälzische Gasthof-Einsamkeit zurück wünschte.

Da ich mich in meinen Etappenplanungen und Übernachtungs-Reservierungen für die nächsten Tage verheddert habe, habe ich heute und morgen praktisch frei. Auf dem Plan stand lediglich, mich ins vier Kilometer entfernte Herzogau zu begeben. Da mir dies als Tagesinhalt doch etwas lächerlich erschien, spazierte ich (den Rucksack im Hotel deponiert) zum nahe gelegenen Perlsee und nutzte dort die touristische Infrastruktur. Erst spielten wir unter den Anfeuerungsrufen der dort frühschoppenden Dauercamper eine Runde Minigolf, wobei nur ich spielte, während Schweinehund faul im Schatten lag und Frau Komoot streng die Schläge zählte.

Danach umrundeten wir den See, konsumierten Pommes und Eis, lagen faul in der Sonne und lüfteten unsere Füße und Pfoten.
Am frühen Nachmittag holten wir dann den Rucksack und machten uns auf nach Herzogau. Damit‘s auch nicht ZU einfach wird, verliefen wir uns SEHR gründlich und mussten uns zwischendurch durch Brennnesseldickicht und Tannengestrüpp schlagen. Tssss… versteh ich GAR nicht. Ich schreibe es der Hitze zu…

Herzogau ist eine hübsche Ansammlung einiger SEHR hübscher alter Häuser, von denen ich am liebsten sofort hier und heute eines kaufen würde, zum Beispiel das alte Pfarrhaus. Der Ort liegt auf der Höhe inmitten einer schier unfassbaren Ruhe mit einem grandiosen Ausblick auf die Oberpfälzer Höhen.

Mittendrin steht das Landhotel Gruber, wo man von Frau Gruber persönlich mit Handschlag begrüßt und zu einem Willkommenstrunk genötigt wird. Die Kaspressknödel und die Weinschorle waren ein Traum und das Sonnenuntergangsspektakel zum Nachtisch auch nicht zu verachten. Wer hier mal herkommt: Echte Empfehlung!

Ich denke, wir werden es morgen hier SEHR gut aushalten – einfach mal nicht wandern, Füße hoch und fertig. Zackfallera!

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