Glückseligkeit

Nach dem verknautschten Ende des Goldsteigs Anfang Juli – ob ich mir jemals Passau „erwandern“ werde? – und ein paar erhol- und heilsamen Tagen hier und da, war ich in Meran gelandet. Von dort startete ich am Samstag, 15.07.23 zu einer Mehrtagestour in der Texelgruppe, und da dort oben nix Mobilfunknetz, von Wlan ganz zu schweigen, kommt hier die Nachberichterstattung.

Frau Komoots priorisiertes Ziel war, uns die sagenumwobenen Spronser Seen zu zeigen, die dort in luftigen Höhen zwischen den Bergen herumliegen, und auch Schweinehund hatte Lust auf hochalpines Gelände und ein paar urige Berghütten.
Von Tisens (nahe Meran) aus, wo ich ein paar famose, aber heiße Tage mit Familie T. verbracht hatte, gurkte ich frühmorgens mit diversen Bussen (also auch diversen Umstiegen) über Lana und Meran nach Partschins. Dort brachte mich die Texelbahn in nullkommanix hinauf auf 1.600 Meter. Man muss sich ja das Wanderleben nicht zusätzlich anstrengend gestalten und mühsame Höhenmeter auf langweiligen Wald-Ziehwegen zu Fuß absolvieren, wenn es ’ne Bahn gibt. Zu dieser Einsicht ist mittlerweile sogar Frau Komoot gelangt.

Von der Bergstation aus ging es bei schönstbestem Wanderwetter ein Stück auf dem Meraner Höhenweg zum Rifugio Nasereit, das mir von vor drei Jahren noch in bester Erinnerung war (ein denkwürdiger Abend mit Wanderkumpel E).

Von dort folgte ich einem hübschen, bach-umplätscherten Pfad ziemlich steil bergauf, unbarmherzig in der prallen Mittagssonne, immer höher, bis plötzlich von rechts ein paar Klettersteiggeher übers Gatter purzelten. Die bevölkerten kurzzeitig den Weg, bevor ich wieder alleine war mit den Kühen und Ziegen, die sich um die ziemlich heruntergekommene Zielalm scharten.

Die hatte geschlossen, was, wenn man sich den Zustand der Materialbahn besieht, vielleicht auch besser so ist. Mittlerweile hatte mich auch das Mobilfunknetz verlassen und ich drang immer weiter ins Innere der Berggruppe Texel vor, links um den Bergrücken, rechts um den Bergrücken. Nach knappen vier Stunden kam dann die Lodnerhütte in Sicht, die auf 2.259 Metern inmitten von mehreren Dreitausendern liegt.

Dort geht es im Vergleich zu den mittlerweile oft überkanditelt, Aperol-Spritz-verseuchten bayerischen und tiroler Hütten SEHR unaufgeregt beschaulich zu. Kein Netz und keine Dusche, dafür spontan freie Betten und eine bemerkenswerte Hüttenpächter-Historie. Schon seit über 50 Jahren bewirtschaftet die Familie Hofer/Prantl die Hütte, und die beiden aktuellen Wirtsleute haben sich mit 16 und 19 Jahren auf der Hütte kennengelernt. Für ihre drei Kinder haben sie im Hütten-Garten drei Bäume gepflanzt. Der befindet sich logischerweise weit oberhalb der Baumgrenze; da kann man also nur hoffen, dass die Kinder besser gedeihen als die kümmerlichen Bäumchen.
Den Abend verbrachte ich über einer Portion Spaghetti Bolognese mit einem Bergsteiger, der – wie ich hinterher erfuhr- schon diverse SEHR hohe Berge dieser Welt bestiegen hat, und dem Vater-Sohn-Duo Ralf und Felix (9 Jahre) aus Hamburg, die auch die wildesten Touren machten dort oben in der Texelgruppe. Da bewegten wir uns mit unserer kleinen Aufstiegstour eher auf Walk-in-the-park-Niveau. Dennoch: Acht Kilometer, 700 Höhenmeter und jede Menge Berg-Glückseligkeit.

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