Empfehlung des Wirts

Donnerstag, 20.07.2023:
Es sollte der letzte Wandertag sein – fürs Erste. Ich war erfüllt von den vielen unterschiedlichen Eindrücken der letzten Wochen, aber aus gleichem Grund auch etwas erschöpft. Also ging es 14 Kilometer zurück zur Bergstation Texelbahn, was sich entspannter anhört als es war, bei einem 600-Höhenmeter-Auf-und-Ab und sonnig-heißem Wetterchen.

Zunächst führte der Weg entlang des Schnalstals wieder vorbei an diversen Bauernhöfen, wo alles für die Heuernte bereit stand. Und die ist aufgrund der Steilheit der Wiesen hierzulande noch weitgehend Handarbeit – und für jede helfende Hand gibt’s selbstverständlich die richtige Werkzeuggröße.

Dann bogen wir ein ins Vinschgau und der Weg war derselbe wie schon vor drei Jahren, als ich hier die letzten beiden Etappen meiner langen Wanderung Richtung Meran ging. Und wie damals ließen wir keine der herrrlichen Jausenpausenstationen aus, aßen hier ein paar Knödel, nahmen dort einen gespritzten Johann zu uns und zelebrierten den letzten Tag auf gut südtirolerisch.

Den Weg allerdings hatte ich nicht so anstrengend in Erinnerung! Es war eine ständiges, teilweise steiles Auf und Ab mit viel Gegenverkehr, und die 1.000-Stufen-Schlucht machte ihrem Namen alle Ehre! Dafür gab’s zur Abkühlung ab und zu einen Wasserfall, der sich am Wegesrand in die Tiefe stürzte.

Immer wieder nahm ich mir die Zeit, auf einem Bänkchen Rast zu machen und Abschied zu nehmen vom Wanderleben. Dabei überkamen mich große Dankbarkeit und Wehmut im Doppelpack.
Dankbarkeit für die wieder einmal großartige Erfahrung, so lange unterwegs zu sein (752 Kilometer in 38 Etappen), jeden Tag Neues zu erleben und neue Erfahrungen zu machen. Wehmut, weil der Weg und die damit verbundene Freiheit nun erst einmal zu Ende gingen. Es war diesmal ein recht einsamer Weg, und die Mitwandernden, die auch mal ein paar Tage den gleichen Weg gehabt hätten, haben gefehlt.
Auch Schweinehundchen verdrückte ein paar Tränchen, weil er’s bei aller vorgeschobenen Abneigung gegen jedwede Anstrengung schon auch ganz toll findet, jeden Tag in der schönsten Natur herumzustromern und sich treiben zu lassen.
Frau Komoot sah die Sache naturgemäß etwas rationaler. Kein Wunder. Die hat noch eine ganze Reihe gespeicherter Wander-Collections im Köcher – das wird für die nächsten Jahre reichen.

Der Rest ist schnell erzählt: Eine letzte Saftschorle an der Bergstation Texelbahn, hinunter ins drückend heiße Tal und nach Meran. Dort eine letzte Nacht im überteuerten Hotelzimmer und am nächsten Tag zurück in die Heimat.

Nun gilt es, auch im Alltag die eine oder andere Wandertradition zu pflegen. Zum Beispiel, am Morgen nicht an die anstehenden 35 Kilometer zu denken, sondern lediglich an die nächsten Schritte. Oder aber die Empfehlung des Wirts im Hotel zum Rennsteig in Blankenstein zu befolgen: Bis Mittag eine Einkehr finden, ein Bier trinken und ein bissel pfeifen. Das kann im Wahnsinn des Alltags sicherlich nicht schaden!

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