Heute ist Ruhetag in Klösterle, und das ist sowas von gut so, denn es regnet nicht wie angekündigt bindfadig auf uns hernieder, sondern wassermassig und eimerschüttig, so dass ich wahrscheinlich nachher zum Abendessen schwimmen muss.
Wieder einmal sorgt das Leben exzellent für mich, denn anders als angekündigt erklärte meine Vermieterin (vom Haus zur Post) heute Morgen, ich könne doch noch eine zweite Nacht in meinem Zimmerchen bleiben. Sie verkündete ebenfalls, dass sie gleich nach Bludenz (nächste größere Stadt) fahren würde und mich mitnehmen könne wegen meiner Schuhe, die sind nämlich durch! Die Sohlen sind nicht nur abgelaufen, sondern lösen sich auch vom eigentlichen Schuh, was im schlimmsten Fall bedeuten würde, dass ich im hochalpinen Gelände mit Badeschlappen weiterlaufen müsste. Und das wollen wir ja dann doch nicht!
Also gingen meine geliebten Stiefelchen bei Master Mint in Bludenz über die Ladentheke. Vorausgegangen war ein Hände-über-dem-Kopf-zusammenschlagen von Herrn Master Mint (dass die Deutschen aber auch NIE ihre Schuhe RECHTZEITIG neu besohlen lassen), ein fachlich fundiertes Beratungsgespräch (zum Zusammenhang von schief abgelaufenen Sohlen und Rückenproblemen) und das Versprechen, meine Stiefel bis morgen früh um 9 Uhr neu zu besohlen. Voila – was will man mehr?
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So, nun aber zum Nachtrag: Drei Tage in den Lechtaler Alpen.
Dienstag, 21.07.:
Dass Schweinehunde sich auf Anhieb verstehen, ist nicht selbstverständlich, Eckarts und meiner jedoch waren von Anfang an ganz dicke. Und so waren wir nach einer RICHTIG miesen Nacht im Biberach‘schen Matratzenlager die Letzten beim Aufstehen, Frühstücken und Loswandern Richtung Göppinger Hütte.
Bei durchwachsenem Wetter führte der Weg – as usual – erst den Berg runter ins Seitental und dann auf der anderen Seite wieder hoch, und das war – as usual – ganz schön anstrengend. Da ist man froh um geschwisterlich geteilte Wanderstöcke und Pausensnacks und ganz besonders um Alpensennerinnen, die mit Schiwasser, Salzkräckern und Enzian aufwarten.
Auch gut zu wissen: Der Alpe-Kamin ist frisch gekehrt, feuerpolizeilich hat also alles seine Ordnung und der Kaminkehrer kann mit einem Schnaps im Magen beruhigt seinen Heimweg antreten.
Danach ging‘s immer weiter bergauf und wurde zum ersten Mal richtig hochalpin, so mit Geröll- und Schneefeldern und Kletterstellchen und so.
Die Markierungen waren auch gerne mal etwas unorthodox, aber das kann bei sehr schlechtem Wetter und ohne eine Frau Komoot sicherlich hilfreich sein.
Wer spät losgeht, ist in dem Fall auch spät an der Göppinger Hütte, aber noch vor dem Regen, und Zeit spart man sowieso, weil‘s keine Dusche nicht gibt (da könnte die DAV Sektion Göppingen sehr gerne mal investieren), so dass man ungeduscht über die leckere Käspressknödelsuppe herfällt und mit dem äußerst charmant-gelassenen Hüttenwirt plaudert.
Abends war‘s voll im Gastraum (die Familiengruppe mit 9 Kindern und die 12-köpfige geführte Wandertruppe machten ganz schön Alarm), aber der exzellente Rotwein vermochte das auszugleichen und geleitete uns in eine bessere Nacht als zuvor.
Der Bembel dieses Tages für den Hüttenwirt der Göppinger Hütte, der das seit 12 Jahren in der ihm eigenen Gemütsruhe macht und den auch so ein dahergelaufener Coronavirus nicht aus der Bahn werfen kann.
Mittwoch, 22.07.:
Am nächsten Morgen in der Hütte war die Stimmung teilweise etwas angespannt, bei der einen Wandersfrau, weil ihr angeblich das Handtuch aus dem Waschraum gestohlen worden war (das wird dann schon zu Hause aus den Untiefen ihres Rucksacks wieder auftauchen), bei einem anderen, weil die Mär umging, dass Duschen in der nächsten Hütte zwar vorhanden, jedoch Corona-bedingt gesperrt seien.
Wir hingegen waren gewohnt gelassen und hatten nur zu entscheiden: oben rum oder unten rum, was soviel heißt wie: Nehmen wir den anspruchsvollen Weg über die Höhen mit Schneefeldern, Kletterstellen und so oder steigen wir ins Tal ab und nehmen den gemütlichen Wanderweg entlang des Lechs. Da ich den unteren Weg von einer früheren Tour kannte, wollte ich unbedingt oben rum, das Wetter ließ es zu (zwar niesel-wolkig, aber OK), Eckart war einverstanden und die Schweinehunde sowieso (Klettern, au ja!!).

Und so verließen wir die Göppinger Hütte mal wieder als Letzte und folgten der heute blauen Markierung (anspruchsvoller Bergsteig) Richtung Freiburger Hütte.
Auf dem Weg begegneten uns denn auch andere Kletterer in Form von Gämsen, bei denen man sich dann aber schon auch fragt, wie DIE eigentlich da hoch gekommen sind. Auch bei uns gab‘s Einiges zu klettern, wobei sich die tatsächliche Abschüssigkeit nun leider fotografisch nicht adäquat einfangen lässt. Liebe Leute, es war steil, sehr steil!
Später lichteten sich die Wolken und ermöglichten tolle Ausblicke auf Lechtal, umliegende Bergketten und unser Ziel.
Das erreichten wir heute erstaunlicherweise als erste von den oben-rum-Gehern und ließen uns zufrieden auf der Sonnenterrasse nieder, unter uns der Formarinsee und über uns die Rote Wand (um im Bergsteiger-Latein zu sprechen).
Abends war‘s mal wieder lustig, unter anderem, weil man sich seine Getränke verbunden mit Schlafplatznummer und Tischnummer an der Theke bestellen musste und mein Hirn das nicht hinreichend hinbekommen hat (ist völlig runtergefahren) und es deswegen zu einem kleineren Nummerngetümmel und einem größeren Running-Gag kam. Auch ansonsten saßen wir in unterhaltsamer Truppe zusammen und hatten es fein.
Der Bembel für den für das Lechquellgebirge zuständigen Wettergott – sein Wetter war mal wieder deutlich besser als angesagt.
Donnerstag, 23.07.:
Von der Freiburger Hütte ging es dann gestern zum Spuller See, von wo Eckart den Bus nach Lech und ich den Weg nach Klösterle nahm.
Das Wetter zeigte sich heiter bis wolkig und temperaturtechnisch einwandfrei, so dass das Wandern wieder mal eine Lust war. Über das Steinerne Meer, eine geologisch interessante Gesteinsformationen, wanderten wir der Sonne entgegen – mal wieder ging es ganz schön rauf – hinauf auf den Gehrengrat, der eine sensationelle Sicht bietet und doch recht gratig daherkommt.
Nach einigen Päuschen und Schwätzchen stiegen wir dann ab und verabschiedeten uns am Spuller See. Sche woas … und wahrscheinlich war es nicht das letzte Mal, dass unsere Schweinehunde zusammen wandern waren.
Mein weiterer Weg nach Klösterle war etwas abenteuerlich, weil wenig begangen und noch weniger markiert, aber runter geht‘s ja immer und so landete ich gestern Abend wohlbehalten im Schoße meiner derzeitigen Gastgeberin, die mich seitdem umsorgt.
Und deswegen kriegt sie auch den Bembel für selbstlose Wasch-, Fahr- und Informationsdienste. Auf dich, Sylvia!
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Morgen geht es nach Schuhabholung ins Verwall und auf die nächsten vier Hütten. Wahrscheinlich mal wieder ohne Netz, aber dafür mit grandioser Natur und netten Menschen. Der Hüttenwirt in der Darmstädter Hütte soll einer der nettesten überhaupt sein. Weil die Hütte eigentlich voll ist, lässt er mich im Gastraum auf der Holzbank schlafen und bestätigte das mit folgender SMS: „Willkommen in der Holzklasse mit Option auf ein Upgrade. LG, Andi“.
Andi, ich komme!!























Ja ja, das Schuhwerk! Jana’s Schuhe haben sich zwischen Freiburger Hütte und Formarinalpe von derSohle verabschiedet. Nichts mehr mit fair means, Bus nach Lech, im Parkhaus Auto suchen, Zweitschuhe an, mit dem Bus wieder hoch, Etappe laufen.
Wir wünschen dir noch eine tolle Tourund werden das auch genauestens verfolgen
Uwe+Jana von der Freiburger
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Liebe Jana, lieber Uwe!
Das ist ja eine Geschichte! Ich hoffe, die Etappe war trotzdem noch eine gute für euch und ihr seid gut in der Göppinger angekommen!
Probiert den Rotwein!
Alles Liebe, Silke
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Liebe Silke,
Bei uns haben die Schuhe zum Glück durchgehalten und wir sind noch gut (und auch trocken) auf der Göppinger Hütte angekommen.
Der Rotwein war vorzüglich 😀 Danke für den Tipp!
Ulla & Stephan von der Freiburger Hütte
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