Geschmäcker sind verschieden

Sooo… Muddi und Bruder sind hoffentlich wohlbehalten zurück im kalten Deutschland und ich habe Zeit, unsere Mini-Rundreise durch Andalusien aufzuarbeiten.

Die begann am Samstag, 11.03. mit einer Autofahrt nach Ronda. Der Koffer des Bruders ging (organisiert von der netten Dame von der Gepäcknachverfolgung) seiner eigenen Wege und sollte am Abend zu uns stoßen.
Eigentlich war als erster Stopp Gibraltar geplant gewesen, wegen des Aufregend-Exotischen, der Affen und der dort zu konsumierenden Fish‘n’Chips – jedoch gefielen den beiden Mitreisenden meine Fotos von Ronda so gut, dass sie da auch hinwollten. Also: Autofahrt über die Berge nach Ronda – und später weiter nach Nerja (am Meer gelegen)!
Schnell wurde deutlich: Ich bin durch‘s falsche Gebirge gewandert!
Die Sierra de Grazalema nämlich zeigte sich nicht nur landschaftlich allerliebst, sondern auch durchaus bevölkert von Wanderern und vor allem Radfahrenden, die sich zur Passhöhe Puerto del Boyar hochquälten. Oben wurden sie (und wir) belohnt mit grandiosen Aus- und Weitblicken, bevor es dann wieder abwärts ging in Richtung des namensgebenden Örtchens Grazalema.

Das drückte sich dort auf halber Höhe wunderbar weiß getüncht an den Berg, strahlte wochenendliche Gelassenheit aus und wurde seinem Ruf als eines der schönsten „weißen Dörfer Andalusiens“ gerecht (wobei die weiße-Dörfer-Hitlisten im Internet SEHR variieren).

Die Häuser der pueblos blancos (eben: weiße Dörfer) seien, so einschlägige Quellen, die „wahr gewordene Symbiose zwischen dem Kulturerbe der Mauren und der Renaissance-Arcitektur des Christentums“ – ahja!
Für einen längeren Stopp fehlte uns leider die Zeit, wir wollten ja weiter nach Ronda, das – wie man liest – die Königin unter den weißen Dörfern ist.

Aufgrund meines zweitägigen „Vorbereitungs-Camps“ konnte ich die Reisegesellschaft in Ronda zielsicher erst zu einem zentrumsnahen Parkplatz, dann in eine leckerschmecker Tapas-Bude und hernach zu den visuellen Highlights des Ortes geleiten. Zum Abschluss gab‘s dann auch noch was Neues für mich: Die Turmbesteigung der Iglesia de Santa Maria la Mayor mit einem hübschen Blick zurück in die Berge – und natürlich passte die Reiseleitung auch auf, dass sich niemand das Köpfchen stieß.

Die Weiterfahrt nach Nerja bestand zu 98 Prozent aus Olivenplantagen. Das „grüne Gold Andalusiens“ (heute verstreuen wir mal ein paar Internet-Zitate) ist allgegenwärtig und bildet „das pulsierende Herz des spanischen Olivenanbaus“ – 80% der Olivenanbaufläche Spaniens konzentriert sich hier.

Wir nutzten die Fahrt, um uns das eine oder andere (wir wissen noch nicht ob nützliche – wer weiß, was Günther Jauch dermaleinst fragen wird) Wissen über Olivenbäume anzulesen und landeten darüber in der nächsten Plantagerei. Um Málaga herum ist das Zentrum des europäischen Avocado- und Mango-Anbaus. Überschriften wie „Monokultur am Limit“ und „Vom Segen zum Fluch“ sprechen für sich…

Wir erreichten unser Hotel in Nerja gegen Abend und 2,37 Minuten später klopfte auch der Koffer an die Tür. Punktlandung!
Nach einem kleinen Ruhepäuschen (wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten) schlenderten wir erst zum Balcon de Europa, einer Aussichtsterasse direkt am Meer…

… und danach ins Restaurant El Refugio, das uns Tripadvisor empfohlen hatte mit den Worten „gastfreundlicher Service“ und „typisch andalusische Küche“. Ein launiger Wirt aus Köln (!) empfing uns, machte kumpelhaft auf „du“, klopfte uns ständig auf dem Rücken rum und ging uns mit Sprüchen aus der Kategorie „muschis gracias“ auf die Nerven (Augen bis in die letzte Stirnhöhle verdrehendes Emoji!). Seine Paella indes war ganz in Ordnung und der Wein trinkbar. Dennoch: Eine Restaurant-Empfehlung sieht anders aus. #geschmaeckersindverschieden

Am nächsten Tag (Sonntag, 12.03.) starteten wir früh, weil wir für 11 Uhr im guten alten Internet Tickets für die wundertolle Alhambra in Granada gebucht hatten. Wem das nichts sagt: Das ist eine SEHR weitläufige Stadtburg mit verschiedenen Burganlagen, Palästen, Türmen, Gärten etc. aus den letzten 10 Jahrhunderten.

Der Bruder meint, man reise, „um Bilder zurecht zu rücken“ – schöner Gedanke und um so wahrer in Zeiten allgegenwärtiger social-media-Reisefoto-Fluten, wo man alles eigentlich immer schon „kennt“.
Also rückten wir unsere inneren Bilder zurecht: Die Alhambra thront NICHT weithin sichtbar über der Stadt Granada, sondern fügt sich auf ihrem Hügel doch recht geschmeidig ins Stadtbild ein. Die Sierra Nevada mit ihren bis zu 3.500 Meter hohen, schneebedeckten Gipfeln hingegen bildet SEHR WOHL eine recht imposante Kulisse.

Die Alhambra selbst zeigte sich erstens touristenüberlaufen und zweitens ziemlich gut gegen Bösewichte geschützt. Wir standen mehrmals in irgendwelchen Warteschlangen, mussten dann wahlweise unser Ticket undoder unseren Personalausweis vorzeigen und der wurde dann von vorn, von hinten oder gar nicht gescannt – so genau haben wir das System nicht verstanden.
Normalerweise habe ich an solchen Hotspots den Ehrgeiz, auf meinen Fotos die anderen Touristen möglichst zu verstecken; dieses Ansinnen war jedoch in diesem Fall sinnlos – es waren zu viele!

Kostbarster Kern der Alhambra und Fokus aller Smartphone-Aktivitäten ist der Nasriden-Palast, in dem diverse maurische Kalifen und Emire samt Harem ihr Unwesen trieben. Der Nachwelt haben sie reich geschmückte Räumlichkeiten mit Wasserspielen, Geheimtüren, Säulenhallen und Löwenbrunnen zur Ansicht überlassen – sehr freundlich!

Nach mehreren Stunden Alhambra aus allen Perspektiven war es Zeit für ein Sahneschnittchen in Granadas Altstadt und einem Päuschen in unserem hervorragenden Appartement.
Abends machten wir noch einen gemütlichen Sonnenuntergangs-Spaziergang im Albaicín-Viertel, genossen nochmals den Mirador-Blick auf die Alhambra und kehrten auf ein paar Freiluft-Tapas ein. #draussensitzen

Ein Kommentar zu “Geschmäcker sind verschieden

  1. Die Touristen sind ja erfolgreich im Hintergrund abgestellt!👍🏻
    Tipptopp Bilder und was für eiszapfige Mitteleuropäerinnen mit Schniefnase….
    Genieß es!

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